Verfassungsbeschwerden gegen „Bundesnotbremse“ erfolglos

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ww_michael
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Verfassungsbeschwerden gegen „Bundesnotbremse“ erfolglos

Beitrag: # 1619Beitrag ww_michael »

„Verhältnismäßig und mit dem Grundgesetz vereinbar“: Das Bundesverfassungsgericht hat die Beschwerden gegen die „Bundesnotbremse“ abgewiesen. Darin ging es unter anderem um Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen. Auch Schulschließungen im Frühjahr waren zulässig.

Die im April 2021 beschlossene Bundesnotbremse mit nächtlichen Ausgangssperren und Kontaktbeschränkungen sowie Schulschließungen war mit dem Grundgesetz vereinbar. Die Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen seien verhältnismäßig gewesen und „dienten verfassungsrechtlich legitimen Zwecken“, heißt es in der am Dienstag veröffentlichten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Sie hätten außerdem „in der Gesamtheit dem Lebens- und Gesundheitsschutz“ sowie der Aufrechterhaltung des Gesundheitssystems gedient. Auch das Verbot von Präsenzunterricht habe das Recht auf schulische Bildung nicht verletzt.

Gleichzeitig erkannten die Richter aber erstmals ein Recht der Kinder und Jugendlichen gegenüber dem Staat auf schulische Bildung an.

Begründungen der Richter im Einzelnen

„Sowohl der Lebens- und Gesundheitsschutz als auch die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems sind bereits für sich genommen überragend wichtige Gemeinwohlbelange und daher verfassungsrechtlich legitime Gesetzeszwecke. Aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, der den Schutz des Einzelnen vor Beeinträchtigungen seiner körperlichen Unversehrtheit und seiner Gesundheit umfasst, kann zudem eine Schutzpflicht des Staates folgen, die eine Vorsorge gegen Gesundheitsbeeinträchtigungen umfasst.“

„Die Annahmen des Gesetzgebers über die Eignung der Kontaktbeschränkungen beruhten auf tragfähigen Grundlagen“ - RKI und ‚sachkundige Dritte‘ (Sachverständige in Bundestagsausschüssen und ‚mehrere wissenschaftliche Fachgesellschaften‘).“

„Verfassungswidrig wären die Kontaktbeschränkungen gewesen, wenn andere, in der Wirksamkeit den Kontaktbeschränkungen in ihrer konkreten Gestalt eindeutig gleiche, aber die betroffenen Grundrechte weniger stark einschränkende Mittel zur Verfügung gestanden hätten.“

„Umfassende Ausgangsbeschränkungen kommen nur in einer äußersten Gefahrenlage in Betracht“.
Zahlreiche FDP-Abgeordnete hatten geklagt

Im Mai hatte der Erste Senat in einem Eilverfahren den Stopp der Maßnahmen abgelehnt. Jetzt entschied er in der Hauptsache. Bis zur zweiten Augusthälfte waren beim Verfassungsgericht mehr als 300 Verfassungsbeschwerden und Eilanträge eingegangen – teilweise gemeinschaftlich eingereicht, so dass es mehr als 8500 Klägerinnen und Kläger gab, wie das Gericht damals mitteilte.

Unter den Klägern waren auch zahlreiche Bundestagsabgeordnete der FDP. Über Schließungen im Einzelhandel und Verbote von Präsenz-Kulturveranstaltungen hat der Erste Senat noch nicht endgültig entschieden. Diese Verfahren sind noch anhängig.

Wegen hoher Corona-Inzidenzzahlen waren am 23. April 2021 Regelungen über nächtliche Ausgangssperren und Kontaktbeschränkungen in Kraft getreten: Überschritt die Sieben-Tage-Inzidenz an drei aufeinander folgenden Tagen den Inzidenzwert von 100, durften in den betroffenen Städten oder Landkreisen Personen ihre Wohnungen zwischen 22.00 und 5.00 Uhr morgens nur aus wichtigem Grund verlassen. Amateursport von Einzelpersonen blieb allerdings bis 24.00 Uhr erlaubt.

Familien durften sich maximal mit einer Person aus einem fremden Haushalt treffen. Kinder unter 14 Jahren wurden dabei nicht mitgezählt. Weiter wurden Schulschließungen beschlossen, wenn der Inzidenzwert an mehreren Tagen in der betroffenen Region über 165 lag. Die Maßnahmen endeten zum 30. Juni 2021.
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