Arbeitgeber in der Holschuld: Wie die Krankmeldung ab Januar 2023 aussieht

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ww_michael
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Arbeitgeber in der Holschuld: Wie die Krankmeldung ab Januar 2023 aussieht

Beitrag: # 2603Beitrag ww_michael »

Der „gelbe Schein“ wird bald Geschichte sein. Ab 1. Januar 2023 soll es für Arbeitgeber nur noch den Weg der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) geben. Was neu ist und was bleibt.

Soest – „Für uns bedeutet die Einführung erst einmal einen Mehraufwand“, sagt Thorsten Bottin, Pressesprecher der Stadt Soest. „Bei jedem Arbeitnehmer muss unsere Personalabteilung die Daten bei der jeweiligen Krankenkasse manuell abrufen.“ Rund 500 Mitarbeiter sind bei der Stadt Soest beschäftigt. Von der Neuregelung seien jedoch nur die 400 Tarifbeschäftigten, nicht jedoch die Beamten (rund 100), betroffen.

Diesen Mehraufwand will man bei der Stadt Soest jedoch erst einmal mit dem vorhandenen Personal stemmen. Technisch sei die Verwaltung auf die Einführung der eAU vorbereitet. Ziel ist, mit der eAU den Prozess der Krankschreibung zu vereinheitlichen und möglichst zu automatisieren.
Krankenschein 2023: Arbeitgeber ab 2023 in der Holschuld

Wer krank ist und nicht arbeiten kann, hat die Arztpraxis bislang immer mit einem „gelben Schein“ verlassen. Dieser gilt als Bescheinigung und muss entweder persönlich oder per Post beim Arbeitgeber vorgelegt werden. Ab Januar 2023 entfällt diese Pflicht für den Arbeitnehmer. Stattdessen übermittelt der Arzt die Daten an die jeweilige Krankenkasse. Mit der Einführung des Verfahrens zur elektronischen Krankschreibung im Rahmen des Bürokratieentlastungsgesetzes III aus dem Jahr 2019 hatte der Gesetzgeber zwei Ziele vor Augen: Abbau der Verwaltungsbürokratie und nachhaltiges Handeln. Bei rund 77 Millionen Krankschreibungen und 308 Millionen Ausfertigungen lassen sich mit der eAu eine Menge Papier einsparen.

Dr. Heinz Ebbinghaus, Sprecher der niedergelassenen Ärzte in Soest: „Der Arbeitnehmer hat aber weiterhin die Pflicht, sich beim Arbeitgeber telefonisch oder per E-Mail krank zu melden.“ Er muss den Arbeitgeber nach wie vor über seine Arbeitsunfähigkeit und über die Dauer seines Ausfalls selbst in Kenntnis setzen.

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Ab 1. Januar 2023 gibt es für Arbeitgeber nur noch den Weg der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU). Das bedeutet: Meldet sich ein Mitarbeiter krank, muss der Arbeitgeber die von einem Arzt bescheinigten Zeiten der Arbeitsunfähigkeit bei der Krankenkasse des erkrankten Mitarbeiters abrufen. © Jens Büttner

Es scheiterte an der Technik

Eigentlich sollte die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung schon früher digital werden. Bereits seit Oktober 2021 können Vertrags- und Zahnärzte die AU-Daten elektronisch an die Krankenkassen senden. Seit Januar 2022 können Arbeitgeber und Steuerberater die Daten der Arbeitsunfähigkeiten bei den Krankenkassen erfragen. Ende Juni 2022 sollte die Pilotphase dann enden. Geklappt hat das nicht. „Die technische Infrastruktur muss dafür erstmal stimmen“, sagt Ebbinghaus. Bei den Arbeitgebern und in den Arztpraxen.
Zum Beispiel musste die technische Voraussetzung für eine sichere Datenübertragung erst einmal gegeben sein. Die Technik in den Arztpraxen zu installieren sei das eine. Die Umsetzung und ob sie dann tatsächlich funktioniert, das andere. Inzwischen würden 80 Prozent der Arztpraxen in Soest mit der eAV arbeiten.
Aus für den gelben Schein?

Noch konnte der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer den gelben Schein einfordern. Doch damit ist zum Jahresbeginn Schluss. „Die eAU gilt nur für gesetzlich Versicherte“, erklärt Ebbinghaus. Privat Versicherte sind von der Neuregelung zunächst nicht betroffen und werden die Arztpraxis weiterhin mit dem „gelben Schein“ in dreifacher Ausführung verlassen. Doch auch gesetzlich Versicherte müssen nicht zwangsläufig auf den schriftlichen Ausdruck verzichten. „Der Patient hat weiterhin Anspruch auf die Seite für seine eigenen Unterlagen, sofern er es wünscht“, so Ebbinghaus. Minijobber in Privathaushalten, Krankschreibungen von Reha-Kliniken, Physio- und Psychotherapeuten Ausländische Arztpraxen und Kliniken müssen ebenfalls weiterhin den klassischen Weg der Krankschreibung nutzen.
Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Die Meldung über die Arbeitsunfähigkeit erfolgt nach wie vor durch den Arbeitnehmer selbst. Der Arbeitnehmer erhält von seiner Arztpraxis einen Ausdruck der AU-Daten für sich selbst. Auf seinen Wunsch erhält er zudem eine ausgedruckte AU-Bescheinigung für seinen Arbeitgeber. Nach dem Arztbesuch, spätestens bis 24 Uhr, übermittelt die Arztpraxis die Arbeitsunfähigkeitsdaten elektronisch an die Krankenkasse.

Der Arbeitgeber muss die Daten dann abrufen, indem er eine Anfrage nach der eAU an die Krankenkasse über deren Kommunikationsserver stellt. Diese stellt die eAU wiederum zum Abruf bereit. Der Arbeitgeber oder sein Beauftragter erhält eine Benachrichtigung über die erfolgte Bereitstellung. Der Abruf sollte am Folgetag der ärztlichen Feststellung möglich sein. Ist die eAU noch nicht bei der Krankenkasse eingetroffen (z.B. weil sie von der Praxis noch nicht übermittelt wurde oder in der Praxis keine Internetverbindung besteht), erhält der Arbeitgeber oder sein Beauftragter eine entsprechende Fehlermeldung.

Die Einführung der eAU weckt bei dem Ärztesprecher Erinnerungen, an die des E-Rezeptes. „Wieder eine Mischform“, sagt der Mediziner. Das papierlose Rezept sollte den Zettel ablösen. Geklappt hat das nicht, weil Chips für die neue elektronische Gesundheitskarte (eGK) fehlten. Kaum einer hatte die eGK, sodass die Rezept-App nicht zu nutzen war. Ärzte drucken den QR-Code auf einem Din A4-Papier, mit dem die Patienten in die Apotheke gehen können. Wie sich das mit der eAU entwickeln wird, bleibt abzuwarten.
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