Wann PCI-Express zum Flaschenhals wird

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ww_michael
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Wann PCI-Express zum Flaschenhals wird

Beitrag: # 3119Beitrag ww_michael »

Bei Grafikkarten, SSDs und Mainboards wird die PCI-Express-Version und Busbreite angegeben. Doch wie wichtig sind diese Werte? Wir klären auf.

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Gerade beim Kauf von Mainboards und SSDs wird PCI-Express viel beworben. Die neusten Intel und AMD-Mainbords unterstützen je nach Ausstattung meistens eine Mischung aus PCI-Express-4.0- und 5.0. Bei SSDs sind sogar drei Versionen im Umlauf, denn auch PCI-Express-3.0-SSDs werden noch produziert und verkauft. Der niedrige Kaufpreis und die geringe Leistungsaufnahme machen sie bisweilen attraktiv für preisbewusste Kunden.

Als die Schnittstelle im Jahr 2004 in die ersten Heimcomputer einzog, war sie abseits vom Serverbereich nur unter Grafikkarten-Enthusiasten heiß diskutiert, die den optimalen Zeitpunkt zur Umstellung finden mussten, denn PCI-Express ersetzte damals den AGP-Anschluss für Grafikkarten. Erst in den folgenden Jahren setzten dann auch andere Erweiterungskarten auf den Nachfolger der PCI-Schnittstelle.

Zwischen den ersten Grafikkarten im Jahr 2004 und der Einführung der AMD-Radeon-HD-7000-Grafikkarten mit PCI-Express 3.0 im Jahr 2011 ist die Durchsatzrate eines x16-Slots von vier Gigabyte pro Sekunde auf knapp 16 GByte/s gestiegen. Und dann passierte viele Jahre nichts, die PCI-Express-Version war zwischen den Jahren 2011 und 2019 selten ein großes Thema.
Warum ist die Version mittlerweile wieder wichtig?

Wenn man von der Breite der PCI-Express-Schnittstelle spricht, ist die Anzahl der Verbindungen (Lanes) gemeint. PCI-Express-x16 beispielsweise hat 16 paarweise Verbindungen. Paarweise deshalb, weil pro Verbindung über mehrere Drähte gleichzeitig gesendet und empfangen werden kann. Das kann man sich auch bildlich gut vorstellen, schließlich ist der Anschluss einer x16-Karte auch tatsächlich breiter (länger) als der von Karten mit weniger Lanes.

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Besonders nach PCI-Express 3.0 gab es auf Desktop-Plattformen für Endanwender etwa acht Jahre lang keine neue Version. In diesem Zeitraum haben sich NVMe-SSDs etabliert, die im M.2-Format mit vier Lanes auskommen müssen. Im Jahr 2012 war SATA noch der Standard für Massenspeicher, mittlerweile wurde der Anschluss durch NVMe und damit PCI-Express fast vollständig abgelöst. Durch die schmale Anbindung sind sie für eine hohe sequenzielle Übertragungsrate als Erstes auf höhere Geschwindigkeit angewiesen.


Server sind Innovationstreiber

Der Servermarkt zeigt schon länger, dass gerade für Massenspeicher und Netzwerkadapter die neuen Versionen nachgefragt werden. Um Dutzende Geräte anzubinden, kann man sich den Luxus von vielen Lanes pro Gerät nicht leisten. NVMe-SSDs sind auch in Servern fast ausschließlich mit vier Lanes angebunden. Bei Netzwerkkarten sieht es ähnlich aus, mehr als acht Lanes sind die Ausnahme.

Deshalb ist nicht nur PCI-Express 5.0 hier schon verbreitet, die Hersteller arbeiten bereits an der Einführung von Version 6.0. Die PCI-SIG (Special Interest Group) arbeitet derweil schon an der Folgeversion. Bisher hat sich mit jeder Version die Brutto-Durchsatzrate effektiv verdoppelt.

Die Geschwindigkeit der Schnittstelle wird in GT/s (Gigatransfers pro Sekunde) angegeben. In technischen Dokumentationen ist damit fast immer eine einzelne Lane gemeint. PCI-Express 5.0 schafft also 32 GT/s pro Lane. Wenn man die zur Verfügung stehende Durchsatzrate für einen Slot oder eine Erweiterungskarte insgesamt angibt, wird das normalerweise in GByte/s gemacht.
Wenn man nicht "in die Breite gehen" kann

Es gibt aber bei den eigentlich gut versorgten Grafikkarten im Endkundenmarkt Ausnahmen. Die betreffen vor allem Kunden, die eigentlich am wenigsten davon betroffen sein sollten, da sie keine High-End-Komponenten kaufen. Wir reden von Einsteiger-Grafikkarten, etwa der AMD Radeon RX 5500 XT (Test) und 6500 XT (Test), zunehmend aber auch von höherwertigen Modellen wie der Nvidia Geforce RTX 4060 (Test) und der AMD Radeon RX 7600. Es gibt noch weitere Beispiele in diesem Bereich.

Allen gemeinsam ist: Um Chipfläche zu sparen, wurde das PCI-Express-Interface halbiert und hat nur acht Lanes. Außerhalb von Budget-Grafikkarten ist dies auch bei Notebook-GPUs gängige Praxis, auch dort vor allem, um Chipfläche zu sparen und die Komplexität der Platine zu reduzieren. Leider kommen hier häufiger unglückliche Umstände zusammen.

Nicht im Sinne der Kunden

Während Käufer von High-End-Produkten ihre Computer häufiger aufrüsten und damit auch die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass das Mainboard mit ausgetauscht wird oder bereits auf dem neuesten Stand ist, agieren preisbewusste Kunden eher anders.

Dort wird nur die Komponente getauscht, die gerade am meisten Mehrleistung für die gewünschten Aufgaben bietet. Das führt dazu, dass eine AMD Radeon RX 7600 nicht selten auf einem Mainboard mit AMD 300- oder 400-Series Chipsatz landet. Selbst wenn ein aktuellerer Ryzen 3000- oder 5000-Prozessor darauf verbaut ist, ist PCI-Express 4.0 darauf nicht immer möglich, ein passendes Bios gibt es nur für einige B450- und X470-Mainboards.

Ähnlich sieht es bei Intel aus. Core i5- und i7-Prozessoren bis einschließlich der 10. Generation sind auch heute noch beliebt, unterstützen aber kein PCI-Express 4.0. Es ist meistens sinnvoll, diese Prozessoren weiterzuverwenden und nur die Grafikkarte zu erneuern.
Der Gebrauchtmarkt kann eine Lösung sein

Im Ergebnis wird die Grafikkarte dabei doppelt eingeschränkt. Die schmalere x8-Schnittstelle bietet sowieso nur die halbe Durchsatzrate der vollen x16-Slots. Dazu kommt die ältere PCI-Express-Version, die den Durchsatz erneut halbiert. Und in dieser Kombination wird es dann tatsächlich knapp, was Testergebnisse in der Vergangenheit auch zeigten.

Wer nicht für Leistung zahlen will, die gar nicht vollständig abgerufen werden kann, sollte sich auch nach rabattierten Grafikkarten älterer Generationen umsehen, die auf ein x16-Interface setzen. Wer möchte, kann natürlich auch den Gebrauchtmarkt dafür nutzen. Gerade GPUs aus der vorherigen Generation werden nicht selten sogar noch mit Restgarantie angeboten.

Eine Nvidia Geforce RTX 3070(Ti) mit PCI-Express-x16 kann so beispielsweise eine gute Alternative zur RTX 4060(Ti) mit x8-Schnittstelle sein, falls ein Prozessor der 10.-Core-Generation oder älter die Basis ist. Ähnliches gilt bei AMD für Radeon RX-X500 und X600-Karten, welche teilweise auf PCI-Express x8 setzen. Aktuell setzen sämtlich X700-Karten auf die volle x16-Schnittstelle.

Keine Panik bei SSDs

Obwohl wir SSDs in Heimcomputern als den größten Profiteur von schnellen Verbindungen ausgemacht haben, können wir gleichzeitig auch Entwarnung geben. Die gern beworbenen besonders hohen Durchsatzraten von über 12-GByte-pro-Sekunde beziehen sich auf die sequenzielle Lese- und Schreibrate. Praxisrelevant ist diese nur für Anwender, die häufig mit sehr großen Dateien von über 20 GByte arbeiten.

Beim Laden von Programmen, Kopieren von Ordnern und selbst beim Generieren und Kopieren von großen Einzeldateien kommt es in erster Linie auf die IOPS-Performance der SSD, die Leistung des Prozessors, Zugriffszeiten und Latenzen und die Leistung bei zufälligen Zugriffen mit kleinen Warteschlangen (Queue-Depth) an.

Diese Werte sind fast unberührt von der PCI-Express-Version, da selbst die Durchsatzrate der älteren 3.0- und 2.0-Version dabei kaum erreicht wird. Streng genommen muss man sich deshalb selbst beim Kauf einer High-End-SSD kaum um die Versionen der PCI-Anschlüsse auf dem Mainboard kümmern, die Leistung im Alltag wird in den meisten Fällen unabhängig davon verfügbar sein.
Grafikkarten müssen im richtigen Slot stecken

Unsere Analyse zur Leistungsaufnahme von NVMe-SSDs zeigt außerdem, dass auch ein PCI-Express-5.0-Modell sofort sparsamer wird, sobald es in einem langsameren Slot betrieben wird. Daher ist unsere Empfehlung an dieser Stelle, die SSD nach anderen Kriterien wie TLC/QLC-NAND, dem Kaufpreis und den Garantiebedingungen zu wählen.

Bei Grafikkarten gibt es abseits der bereits genannten Grafikkarten mit x8-Anschluss ohnehin keine Wahl. Wer den PC selbst zusammenbaut, sollte aber darauf achten, dass eine x16-Karte auch in einem x16-Slot verbaut wird. Bei Grafikkarten ist es üblich, dass für mechanische Stabilität auch x8-Slots und Anschlüsse als x16-Version ausgelegt sind, aber nur die Hälfte davon genutzt wird.

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Allgemein kann man davon ausgehen, dass nur der obere x16-Anschluss auch tatsächlich 16-Lanes bietet. Die Anleitung des Mainboards klärt darüber auf. Aus den aktuellen Generationen bieten nur Intel Xeon-W-Prozessoren und AMD Ryzen Threadripper genügend PCI-Express-Lanes, um auch einen zweiten x16-Slot voll beschalten zu können.
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