SPD, FDP und Grüne So will die mögliche Ampelkoalition die Rente sichern

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SPD, FDP und Grüne So will die mögliche Ampelkoalition die Rente sichern

Beitrag: # 1338Beitrag ww_michael »

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SPD, FDP und die Grünen sind sich einig: Sie wollen Koalitionsverhandlungen, eine Ampelkoalition soll kommen. Ein Thema spielt dort eine wichtige Rolle: die Sicherung der Rente.

Die Versprechen der Parteien für die Rente waren groß: SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz gab beispielsweise eine Rentengarantie ab, die Grünen wollten aus der Grundrente eine Garantierente machen – und die FDP hätte am liebsten die gesetzliche Rente aufgebrochen und teils auf ein Aktiengerüst gestellt.

Nun haben sich die Parteien zusammengefunden, sie wollen eine Ampelkoalition schmieden. Im Sondierungspapier dazu haben sie erstmals mehr oder minder konkrete Ideen niedergeschrieben, wie sie die Altersvorsorge sichern wollen.


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Wir erinnern uns: Die gesetzliche Rente steht vor einem Finanzierungsproblem, weil auf immer mehr Rentenempfänger immer weniger Beitragszahler kommen – und die Gesellschaft dabei immer älter wird.

Die Pläne für die Sicherung der Rente stehen im Kapitel, das mit dem vielsagenden Satz "Soziale Sicherheit bürgerfreundlich gestalten" überschrieben ist. Konkret wollen die Parteien fünf Punkte für die Rente:

Rentenniveau bei 48 Prozent sichern
Keine Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters
Kapitaldeckung bei gesetzlicher Rentenversicherung
Höhere Erwerbsbeteiligung
Reform der privaten Altersvorsorge

Was heißt das genau? Die einzelnen Pläne im Überblick:
1. Rentenniveau

Das sogenannte Rentenniveau soll bei 48 Prozent gesichert werden. Das Rentenniveau ist eine theoretische Größe, auf die in der politischen Diskussion immer wieder Bezug genommen wird.

Sinkt das Rentenniveau, heißt das übrigens nicht, dass die individuell ausgezahlte Rente sinkt. Es bedeutet lediglich, dass die Renten insgesamt langsamer steigen als die Verdienste. Mehr dazu lesen Sie hier.

Das Rentenniveau ist aktuell bis 2025 bei 48 Prozent über eine Haltelinie festgeschrieben. Wie die Parteien schreiben, soll diese Zusage "generationengerecht" abgesichert werden – das heißt die Haltelinie müsste über 2025 hinaus gelten. Dies soll über eine Kapitaldeckung in der gesetzlichen Rente finanziert werden (siehe unten).
2. Renteneintrittsalter

Das Gleiche wie beim Rentenniveau gilt für das Renteneintrittsalter. Im Grunde ist das Rentenalter ebenfalls bis 2031 festgeschrieben. Denn die Altersgrenze, nach der man ohne Abschläge in Rente gehen kann, liegt für alle Jahrgänge ab 1964 bei 67 Jahren. Sprich: Wer 1964 geboren ist, kann 2031 in Rente gehen – ohne Abschläge. Mehr dazu lesen Sie hier. Das soll nach den Plänen der Parteien erst einmal so bleiben.

Ökonomen fordern dagegen, das Renteneintrittsalter flexibel zu halten – das heißt, weiterhin an die Lebenserwartung zu koppeln. Im Interview mit t-online sagte etwa Rentenexperte Alex Börsch-Supan Mitte September: "Man darf die Lebenserwartung und das Rentenalter nicht voneinander abkoppeln."

Und weiter: "Wenn wir länger leben, müssen wir immer längere Rentenzeiten finanzieren. Heißt also: Wir müssen auch länger arbeiten." Das wollen die Sondierungspartner aber nicht.
3. Kapitaldeckung in der Rentenversicherung

Um das stabile Rentenniveau und das Renteneintrittsalter zu finanzieren, wollen die Parteien bei der gesetzlichen Rente teilweise in eine Kapitaldeckung einsteigen. Im Klartext heißt das: Die Rentenversicherung soll das komplett umlagefinanzierte System verlassen, und dagegen einen Teil der Reserven am Kapitalmarkt anlegen dürfen. Im ersten Schritt soll die Rentenversicherung zehn Milliarden Euro vom Bund bekommen, die anschließend am Kapitalmarkt angelegt werden sollen.

Zwar wollen die Parteien nicht, wie die FDP das geplant hatte, eine Aktienrente einführen. Demnach würde ein fester Bestandteil der Rentenbeiträge, beispielsweise zwei Prozent, an einen staatlich verwalteten Fonds fließen. Die Sondierungspartner wollen aber trotzdem die erste Säule, das umlagefinanzierte Rentensystem, aufbrechen. Das käme einer Revolution gleich.

Johannes Geyer, Rentenexperte am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), findet die Idee grundsätzlich zwar gut. "Eine Flexibilisierung der Anlagevorschriften der Reserven der Rentenversicherung ist sinnvoll", sagt er t-online, "allerdings kommt die Idee zu spät. Denn die Reserven von rund 30 Milliarden Euro sind bald aufgebraucht und die Rücklage wird dann viel niedriger sein."

Zur wirksamen Stabilisierung über einen längeren Zeitraum bräuchte es hier dreistellige Milliardenbeträge. "Doch dafür ist es jetzt zu spät, weil der Ausgabendruck in den kommenden Jahren erheblich zunimmt." Auch die zehn Milliarden Euro, mit denen eine Kapitaldeckung aufgebaut werden sollen, hält Geyer für "viel zu wenig".

4. Höhere Erwerbsbeteiligung

SPD, FDP und Grüne wollen die Erwerbsbeteiligung erhöhen, im Klartext: Mehr Frauen sollen arbeiten gehen, auch ältere Menschen sollen länger arbeiten und die qualifizierte Einwanderung wollen FDP, SPD und Grüne fördern.

Wie genau das jeweils geschehen soll, lassen sie offen. Möglich wären beispielsweise finanzielle Anreize für Menschen, die übers Rentenalter hinaus arbeiten gehen. Die Pläne sind bislang aber noch sehr unkonkret.

Worauf sich die Parteien offenbar nicht einigen konnten, ist, auch Beamte oder Selbstständige in die gesetzliche Rente mit einzubeziehen. Das forderten SPD und Grüne – und konnten sich damit wohl nicht durchsetzen.


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5. Reform der privaten Altersvorsorge

Die private Altersvorsorge soll grundlegend reformiert werden. Dafür wollen die Parteien einen öffentlichen Fonds mit kostengünstigem Angebot prüfen. Außerdem wollen sie prüfen, inwiefern sich private Anlageprodukte mit höheren Renditen als bei der Riester-Rente für die staatliche Förderung anerkennen lassen. Das soll besonders für untere Einkommensgruppen einen Anreiz bieten, heißt es.

Die Ideen klängen grundsätzlich sinnvoll, so Rentenexperte Geyer, aber: "Bei der privaten Altersvorsorge sind die Parteien noch sehr unkonkret." Allein durch die Prüfung eines Fonds für die Altersvorsorge werde es diesen noch nicht geben. "Ich erwarte, dass dies in einem Koalitionsvertrag deutlich konkreter wird", sagt Geyer.

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Was bleibt offen?

Einiges, wie die Diskussion um den sogenannten Nachholfaktor etwa, spielt im Sondierungspapier keine Rolle. Was das ist und warum er zurzeit ausgesetzt ist, lesen Sie hier.

Auch Fragen nach der Grundrente, der Mütterrente oder anderen unter Ökonomen umstrittenen Projekten der Großen Koalition finden sich nicht im Sondierungspapier. Kritik an der Grundrente ist etwa, dass sie zu wenig zielgerichtet ist.

Das heißt: Auch Rentner, die sie eigentlich nicht benötigen, bekommen die Grundrente. Umgekehrt gehen bedürftige Senioren leer aus. Fraglich ist aber, ob die SPD es mittragen würde, solche Projekte zurückzudrehen oder zumindest zu reformieren.

Experte: "Ich hätte mir mehr Ambitionen gewünscht"

Doch vor allem gelte: "Den großen strukturellen Problemen der Rente weichen die Parteien aus und verschieben Entscheidungen in die Zukunft", so Rentenexperte Geyer. "Ich hätte mir hier mehr Ambitionen gewünscht." Denn die langfristige Finanzierung der Rente sei noch nicht gesichert, betrachtet man das Sondierungspapier.

Klar sei deshalb: "Die Rentenbeiträge werden – wahrscheinlich ab 2023 – steigen und das Niveau wird langfristig sinken, allerdings erst nach 2025 unter 48 Prozent."

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Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger sieht das ähnlich, er sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe: "Das Ergebnis der Sondierung gibt keine Antworten auf die Alterung der Gesellschaft und die steigenden Finanzierungslasten der Rentenversicherung." Er warnte, ohne Reformen bei den Sozialversicherungen würden vier weitere Jahre Stillstand drohen.
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